In Anbetracht der wirtschaftlichen Situation vieler Unternehmen gilt das Geschäftsprozessmanagement (Business-Process-Management, BPM) und die effiziente Steuerung der eigenen Unternehmensabläufe als einer der wichtigsten, wenn nicht sogar als der wichtigste Aufgabenbereich. Ziel des BPM ist es, Effizienz zu steigern und Kosten, Durchlaufzeiten, sowie Fehlerquellen zu reduzieren. BPM beschäftigt sich dafür mit der systematischen Gestaltung, Steuerung, Überwachung und Weiterentwicklung der Geschäftsprozesse eines Unternehmens. BPM umfasst dabei das strategische Prozessmanagement ebenso wie den Prozessentwurf, die Prozessimplementierung und das Prozesscontrolling.

Nach einer im Herbst 2005 vom Kompetenzzentrum für Geschäftsprozessmanagement durchgeführten Umfrage planen im Jahr 2006 mehr als 60 Prozent der befragten Unternehmen Projekte im Zusammenhang mit Geschäftsprozessen. 55 Prozent der Befragten erachten das Thema als „sehr wichtig“, 42 Prozent als „wichtig“. 34 Prozent der 171 teilgenommenen Unternehmen gaben an, bereits einen Chief-Process-Officer (CPO) bestimmt zu haben.

So vielfältig wie die Beweggründe für die Auseinandersetzung mit BPM sind, sind auch dessen Einsatzmöglichkeiten. Jede Branche und jeder Unternehmensbereich hat spezielle Anforderungen und Aufgabenstellungen, die mit BPM gelöst werden können. Einige Beispiele aus der Praxis sind das Reklamations-, Beschwerde- oder Ordermanagement, Debitoren- und Kreditorenmanagement, IT-Servicemanagement, Schadensmanagement, Kreditbearbeitung, Antragsverfahren, Wissensmanagement oder Personalmanagement.

Der HR-Manager eines Unternehmens steht im Umgang mit dem Geschäftsprozessmanagement gleich vor drei Herausforderungen:

  • HR muss prozess- und kundenorientierte Mitarbeiter entwickeln und bereitstellen. Dies ist insofern problematisch, als das Berufbild des Prozessmanagers noch nicht existiert.
  • HR muss selbst zum prozessorientierten Dienstleister werden und den Wandel vom Cost-Center zum Competence-Center vollziehen.
  • Er muss die Geschäftsprozesse seiner internen Kunden optimal unterstützten.

Personaler, die nach Aus- und Weiterbildungsangeboten für „Business-Process-Manager“ suchen, werden nur wenig finden. Dies liegt vor allem daran, dass es das Berufbild des „BPM-Managers“ noch nicht gibt und die für diese Aufgabe notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse noch nicht eindeutig definiert sind. Aufbauarbeit in diesen Fragen leistet aktuell beispielsweise die Interessengemeinschaft „Business Process Management Club“ (siehe Kasten: BPM-Interessengemeinschaften)

Der notwendige Blick auf die Kunden

Es ist derzeit für die meisten HR-Abteilung eine dringende Notwendigkeit sich vom Cost-Center zum kunden-, service- und prozessorientierten Dienstleister zu wandeln. Über den Köpfen der Personaler schwebt das Damoklesschwert Outsourcing. Vorraussetzung für diesen notwendigen Wandel, ist die Auseinandersetzung mit den Methoden und Konzepten des Geschäftsprozessmanagement. Doch die HR-Abteilung muss nicht nur ihre eigenen Prozesse im Griff haben – ein modernes Personalmanagement muss auch die Prozesse seiner internen Kunden im Blick haben. Die Hauptaufgabe der Personaler liegt dabei darin, unter Berücksichtigung der Unternehmensstrategie die Verantwortlichen der Kernprozesse im Unternehmen optimal bei deren Zielerfüllung zu unterstützen (vergleiche Abbildung 1). Als interner Dienstleister und als Kompetenzzentrum in einer modernen prozessorientierten Organisation müssen die Kernprozesse des Unternehmens optimal unterstützt werden. Denn der Kernprozess ist immer direkt vom Kunden getrieben ist und er orientiert sich jederzeit am Kunden und dessen Bedürfnissen.

Der Geschäftsprozess im Unternehmen

Trotz erheblicher Anstrengungen vieler Unternehmen, Prozesse zu definieren und auch in das tägliche Handeln verbindlich einzufügen fehlen den meisten Unternehmen noch wesentliche Elemente einer umfassenden Prozessorganisation. Wenn etwa Führungskräfte oft davon überzeugt sind, alles Nötige getan zu haben, auf operativer Ebene aber die angestrebten Resultate ausbleiben, dann sollte eine Bestandsaufnahme der fehlenden oder nicht ganzheitlich strukturierten Geschäftsprozesse gemacht werden. Dies leistet das BPM. Doch auch ein BPM kann nur dann zu einem schnell kontrollierbaren Return-on-Invest (ROI) führen, wenn zuvor die Ist-Situation genau bekannt ist und die anvisierten Prozessziele detailliert beschreiben sind. Leider ist dies nicht immer der Fall.

Ebenso unerlässlich ist es für ein erfolgreiches BPM-Projekt zunächst die strategischen Geschäftsprozesse zu identifizieren. Aber auch funktionale Prozesse, die ineffizient sind, müssen in eine Status-quo-Aufnahme einbezogen werden.

Nach der Ist-Aufnahme ist es nötig, die Visionen und Aktivitäten zur Zielerreichung festzulegen, denn nur so lassen sich Erfolge messbar zu machen. Das ROI-Controlling sollte ein permanenter Bestandteil des BPM-Projekts und der anschließenden Amortisationszeit sein.

BPM-Projekte sind in übergeordnete Unternehmensprozesse eingebunden. Daher kann BPM nur mit der nötigen Unterstützung des Managements die gewünschten Ergebnisse erzielen. Dies gilt für Fragen der Strategie und Zielsetzung ebenso wie im Bezug auf die Auswahl des geeigneten Teams und der Projektleitung. Um der Führungsetage Schwachstellen innerhalb der Prozessabwicklung aufzuzeigen, sollten auch Führungskräfte der mittleren und unteren Ebene eingebunden werden: Nur der kontinuierliche Meinungsaustausch bringt das Projekt voran.

((ZÜ))Die BPM-Software Landschaft

Nicht immer werden die Geschäftsprozesse von der vorhandenen IT optimal unterstützt. Die in der Regel funktionsorientierten Softwarelösungen lassen sich nur schwer und mit großem Aufwand an die Erfordernisse der Geschäftsprozesse anpassen. Softwarelösungen die bei diesem Problem Hilfestellung leisten werden BPM-Systeme genannt.

Der Markt für BPM-Lösungen ist derzeit sehr unübersichtlich. Obwohl er noch recht jung ist, findet man alleine im deutschsprachigen Raum mehr als 100 Anbieter. Ein Grund dafür ist sicher der, dass einige Softwarehersteller interessiert daran sind, Business-Process-Management als Modebegriff in Ihren Prospekten zu platzieren. Außerdem gibt es aber auch viele Anbieter, deren Angebote lediglich Teilbereiche des Business-Process-Managements unterstützen. Dies wiederum ist darin begründet, dass deren Wurzeln in anderen Ursprungsmärkten liegen. (vergleiche Abbildung 2). Doch woran erkennt man ein echtes BPM-System? Als BPM-Tool wird in der Regel eine eigenständige Software bezeichnet, die eine oder mehrere der folgenden Funktionalitäten anbieten:

  • Prozessmodellierung
  • Business-Rules-Engine
  • Daten- und Systemintegration
  • Workflowmanagment
  • Simulation
  • Monitoring und Prozessanalyse

Systeme, die alle diese Funktionalitäten in einer Lösung integriert abbilden werden als BPM-Suiten bezeichnet. Anwendungen (Applikationen), in denen einzelne BPM-Komponenten als „Features“ integriert sind, zählen in der Regel nicht zu den BPM-Tools (vergleiche Marktübersicht Seite X).

Unternehmen mit sehr heterogen Applikations- und Systemlandschaften werden künftig unternehmensweite BPM-Plattformen implementieren. Diese Plattformen werden auch bei der prozessorientierten Einbindung von Kunden und Partnern Anwendung finden. In diesem Zusammenhang sind BPM-Systeme mit hoher technischer Integrationskompetenz gefragt.

Parallel dazu werden lösungs- und branchenspezifische Produkte entstehen, die auf BPM-Technologien basieren.

Immer häufiger interessieren sich Unternehmen auch für die Einführung prozess-orientierter Systeme. Damit sind Lösungen für das Reklamations-, Beschwerde- und Leadmanagement, aber auch für die Rechnungsbearbeitung gemeint. Gesucht werden Systeme, die flexibel sind (Prozessmodellierung)  und sich einfach in die bestehende Systemlandschaft integrieren lassen (EAI und Systemintegration).

Mehr den je steht auch die Prozesstransparenz in Form integrierter Prozessmanagement-Cockpits im Blickpunkt. Die Möglichkeiten der Kapazitäts- und Ressourcenplanung auch unter Zuhilfenahme von Simulationen spielen eine immer größere Rolle.

Für die künftige Entwicklung von Standardsoftware wird die BPM-Technologie zum elementaren Bestandteil der Lösungsarchitektur gehören. So wie heute jedes Unternehmen eine Datenbank voraussetzt, wird dies bald auch für BPM-Technologie gelten und das Managen von Prozessen wird ohne Einsatz von Business-Process-Management-Systemen kaum mehr denkbar sein. Dies gilt auch für HR-Abteilungen.

 

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